Hegels Kantkritik

Sommersemester 2011
Universität Bamberg
Zeit: Mon, 18-20 Uhr
Raum: U2 / 136

Hegel steht nach klassischer Deutung am Ende einer Entwicklung, die mit Kant begann, und die als "Deutscher Idealismus" in die philosophischen Geschichtsbücher eingegangen ist. Allerdings ist Hegel nicht einfach ein verlängerter Kant, sondern, gleichzeitig, einer seiner schärfsten Kritiker. Ob er dabei immer ganz fair ist, müssen wir herausfinden.

Kant hat uns die transzendentale Begründungsfigur hinterlassen: Die Idee, daß alle Gedanken und Erfahrungen schon bestimmte abstrakte Begriffe voraussetzen, welche die unhintergehbare Grundstruktur menschlicher Subjektivität ausmachen. Kritisiert hat man aber von Anfang an, daß diese Denkweise an vielen Stellen dazu führt, daß zwei Welten auseinanderfallen: Ding an Sich und Erscheinung, Pflicht und Neigung, Form und Inhalt, ideale und wirkliche Gesellschaft.

Hegel setzt dagegen eine "Reflexion der Reflexion", wie er es nennt: Er will die Voraussetzungen der Kantschen Spaltungen selbst wiederum aufzeigen, und dadurch den Kreis wieder schließen, ohne ihren Gewinn aufzugeben. Kants streng abstraktiver Begründungsphilosophie stellt er dabei ein merkwürdig dynamisches, changierendes Denken entgegen, in dem die reale Geschichte und bestimmte Formen lebenspraktischer Unmittelbarkeit als Spiegel und Gegenstück bloßer Begriffe verstanden und an diesen "vermittelt" werden.

Das Seminar ist anspruchsvoll - und gleichzeitig für Anfänger geeignet! Entscheidend ist nicht der Wissensstand, sondern die Bereitschaft und das Interesse, sich in diese schwierige und philosophiehistorisch zentrale Materie einzuarbeiten. Thematisch wird der Schwerpunkt eher auf Fragen der praktischen als der theoretischen Philosophie liegen - aber auch auf der Frage, inwiefern sich praktische und theoretische Fragen nicht voneinander trennen lassen.

Empfohlene Lektüre im Voraus: Kants Grundlegung zur Metaphysik der Sitten



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