Mythos und Wahrheit
Wintersemester 2007/08
Universität Duisburg-Essen / Studium Liberale
Ob Zeus oder Robin Hood, deutsche Pünktlichkeit oder die jüdische Weltverschwörung -
Mythen gelten üblicherweise als blutige Unwahrheit. Als aufgeklärte Menschen haben wir
die Mythen hinter uns gelassen - oder sie sind zumindest, im Falle von religiösen und
moralischen Überzeugungen, zur Privatsache geworden: eine bloße "Glaubensfrage", aber keine
vertretbare Wahrheit. Die alten Mythen waren jedoch einst beides: objektive
Erklärungsansätze und private Erzählungen, sowohl Wahrheitserkenntnis als auch ästhetische
Erfahrung. Diese Einheit ist in der Moderne auseinandergefallen, indem sich das Denken
in strenge Wissenschaften und schöne Künste aufgespalten hat. Literatur soll ebenso frei
sein von Wahrheitsansprüchen, wie Wissenschaft frei von Mythologie. In diesem Seminar
soll es im Wesentlichen darum gehen, herauszufinden, ob dieser Anspruch gerechtfertigt ist.
Zu Beginn wollen wir uns in einige der weniger bekannten archaischen Mythenzyklen einlesen
(wie z.B. das finnische Kalevala) um sodann die historischen Prozesse zu durchleuchten, durch
die sich die Moderne vom mythologischen Denken entfernt hat. Danach soll es darum gehen,
inwiefern und in welcher Form Mythen auch im modernen Denken enthalten sind. Dazu soll
der Weg über verschiedene Disziplinen führen:
1. Mythos und Wahrheit in den Naturwissenschaften: Die Diskurse um Paradigmenwechsel,
Inkommensurabilität und die Möglichkeit einer Sonderstellung rationaler Wissenschaft
(T. Kuhn, P. Feyerabend, H.P. Dürr)
2. Mythos und Wahrheit in den Psychowissenschaften: Dies begrifft nicht nur
Unterbewußtsein und Über-Ich, sondern auch die individuelle Seite, d.h. konkrete
Lebenspraxis und die mit ihr verbundenen Leitbilder und Regulative.
3. Mythos und Wahrheit in der Literatur: Der Schwerpunkt soll hier vor allem auf
fiktiven Mythologien liegen, wie z.B. J.R.R. Tolkiens Arda-Mythos und damit zusammenhängend auf der
Frage, ob Literatur heute noch den Anspruch haben kann, Träger von Wahrheit zu sein oder
doch nur zur Unterhaltung taugt.
Herunterladbares:
Skripte
Seminarskript zum zweiten Wochenende
Seminarskript zum ersten Wochenende
Skript zur Vorbesprechung
Organisatorisches
Seminarplan mit Literaturliste
Emailtext mit Angaben zum Scheinerwerb