Seminar: Technikphilosophie

Prof. Dr. Fabian Geier, Sommersemester 2024

Universität Bamberg, Raum N.N.



Dass die Technik ein Thema für die Philosophie ist, sollte nicht erst klar sein, seitdem sie uns so eingehüllt hat wie die Digitaltechnik in den letzten zwei Jahrzehnten. Bereits Sprache und Erziehung, Rechtsprechung oder Arbeitsteilung sind Techniken. Für Lewis Mumford war bereits das Königreich die erste "Megamachine", und spätestens seit der Industrialisierung entfalten die Mechanisierung der Verwaltung und des Arbeitslebens eine massive Eigendynamik. Mit jeder technischen Neuerung verschieben sich gesellschaftliche Strukturen, Erfahrungen und Erwartungen. Wie geht es mit diesen Tendenzen unter den Bedingungen der Digitalisierung weiter? Was wird aus Freiheit und Vernunft, dem Menschen und seiner Entfremdung?

Die Grundfragen der Technikphilosophie reichen hinein bis in die Erkenntnistheorie und Metaphysik, sind aber gleichzeitig auch politisch. Technisches Denken und die Mittel-Zweck Relation sind in den Grundstrukturen des Denkens und des Menschseins verankert. Dass wir allgemeine Regeln wir zu spezifischen Zwecken anwenden können, sagt gleichzeitig einiges darüber aus, wie die Welt beschaffen ist. Das hat manche Denker z.B. zu pragmatistischen Wahrheitstheorien verleitet, während die Erfolge der Digitaltechnik in heutiger Zeit wieder einem Weltbild Vorschub leisten, das die Mathematik zum Fundament allen Seins macht. Unterdessen verbindet sich das instrumentalisierende Denken mit politischen und wirtschaftlichen Interessen, wodurch jede neue Technik mannigfaltige sozialphilosophische und machtpolitische Auswirkungen hat.

Das Seminar hat das Ziel, einige wichtige Klassiker der Technikphilosophie zu erarbeiten. Methodisch will ich so vorgehen, dass wir einige Texte in der Tiefe bearbeiten, und andererseits eine ganze Reihe weiterer Positionen bewusst summarisch behandeln, die Sie in technikphilosophischen Diskursen dann wie Spielsteine gebrauchen können. Nebenbei können Sie auch einen Crashkurs in Sachen Kant erwarten - und natürlich wilde Diskussionen über die conditio humana im Angesicht von Technologien, denen wir uns alle nicht entziehen können.

Termine

Freitag 24. Mai, 10.00-12.30 und 13.30-16.00
Vittorio Hösle: Warum ist die Technik ein philosophisches Schlüsselproblem geworden?
Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft
v.a. I. Von der Einteilung der Philosophie (S.10-15); sowie die Theorie der Zweckmäßigkeit der Natur in VIII; §43; §61ff - benutzen Sie am besten die Volltextsuche und schauen Sie nach Stellen zur "Technik der Natur".

Samstag 25. Mai, 10.00-12.30 und 13.30-16.00
Martin Heidegger: Die Frage nach der Technik


Freitag 7. Juni, 10.00-12.30 und 13.30-16.00
Jacques Ellul: The Technological Society (Fragments)
Günther Anders: Die Antiquiertheit des Menschen (Fragment)

Samstag 8. Juni, 10.00-12.30 und 13.30-16.00 (Einzelgespräche)

Weiterführende und erwähnte Texte

Arnold Gehlen: Die Seele im technischen Zeitalter. Rowohlt 1957
Max Horkheimer: Zur Kritik der instrumentellen Vernunft
Marshall McLuhan: The Medium is the Message
Christoph Hubig: Die Kunst des Möglichen
Jürgen Habermas: Technik und Wissenschaft als 'Ideologie'

Erwartungshorizont

Die Einzelgespräche sind in dem Sinne keine Prüfungen, sondern individuelle Betreuung, wo wir gemeinsam diskutieren und ich nach Möglichkeit Unverstandenes erkläre und Ihnen generell Feedback gebe. Freilich sollten Sie im Gespräch auch zeigen können, dass Sie die Texte und Seminarinhalte verstanden und durchdacht haben. Am Ende bekommen Sie Ihre Note für die Gesamtleistung in Seminar, Gespräch und schriftlicher Arbeit.

Erwartungen im Gespräch:
1. Die Texte kennen (Deren Thesen, Terminologie, Ziele und Hauptargumente erklären können - oder erklären können, was Sie in ihnen nicht verstehen.)
2. Die größeren und wiederkehrenden Punkte unserer Diskussionen kennen und Ihre Gedanken dazu entwickelt haben.

Scheine/Prüfungen

Basis für die Benotung sind
1. die nicht nur körperliche Teilnahme am Seminar
2. ein Einzelgespräch über die Inhalte des Seminars
3. eine kurze schriftliche Arbeit mit einer selbst gewählten Fragestellung zu einem der Texte

Schriftliche Arbeiten sind einzureichen per E-mail an hand-in@sts.vulturis.de